Lynchung 4
Szene 12 Crawleys Büro.
Frank Crawley sitzt am Schreibtisch und bespricht mit Frith die Post. "Ich " tritt mit einem Zettel in der Hand auf
ICH: Störe ich, Frank?
FRANK CRAWLEY: Aber nein, Mrs. de Winter. Überhaupt nicht.
ICH: Ich komme wegen des Kostümballs ... Sie wollten doch meine Einladungsliste.
FRANK CRAWLEY: Ja, natürlich. Oh, nur eine Adresse? Mrs. Edith Van Hopper, Park Avenue New York. Gut. Die Einladung geht noch heute raus. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?
ICH: Nein, danke ... das heißt, doch. Vor ein paar Tagen war ich unten beim Bootshaus.
FRANK CRAWLEY: Dann haben Sie sicher Ben getroffen. Der strolcht immer da unten am Strand herum. Sie brauchen keine Angst zu haben vor ihm.
ICH: Oh, ich sah gleich, dass er nicht gefährlich ist. Aber Maxim war völlig außer sich, als er mich da unten sah. Ich verstehe nicht, warum.
FRANK CRAWLEY: Das Bootshaus war ihr Nest. ICH: Das Nest von Rebecca de Winter?
FRANK CRAWLEY: Ja. Sie hatte sich da eingerichtet. Manchmal hat sie sogar übernachtet im Bootshaus.
ICH: In der Bucht schwimmt eine Boje.
FRANK CRAWLEY: Da war das Boot festgemacht, mit dem sie umgekommen ist in jener Nacht. Erst drei Monate später wurde ihre Leiche gefunden, vierzig Meilen von hier, an der Küste vor Edgecombe. Maxim musste sie identifizieren.
ICH: Bitte ... erzählen Sie mir von ihr. War sie wirklich so schön?
FRANK CRAWLEY: O ja. Sie war die schönste Frau, die mir je begegnet ist.
ICH: Das sagen alle. Und charmant, intelligent, geistreich war sie auch. Gegen sie bin ich ein Nichts. In jeder Beziehung ...
FRANK CRAWLEY: Sie sind nur anders, Mrs. de Winter. Es ist nicht ihre Aufgabe, zu sein wie sie. Sie sollen Maxim und uns helfen, sie zu vergessen.
ICH: Ich weiß nicht, ob ich das kann.
FRANK CRAWLEY: Meine Meinung ist nicht wichtig, doch ich sprech sie offen aus.
Was verkehrt ist und was richtig, stellt sich oft erst später heraus. Und wenn eine Frau nur schön ist, doch im Innern kalt und leer, bleibt Fassade, was zu sehn ist.
Was ein Mann wirklich braucht, ist viel mehr.
Ehrlichkeit
und Vertrauen,
Freundlichkeit
und Herzenswärme. Und die Kraft,
nach vorn zu schauen, wenn du dich selber verlierst.
Ein Mensch, der da ist, wenn du Fragen stellst, und der dich auffängt, wenn du fällst,
ist viel mehr wert als alle Schönheit dieser Welt.
"Ich"geht mit einem stummen Adieu ab. Frank Crawley sieht Ihr nachdenklich hinterher.
Sicherheit
für ein Leben.
Zweisamkeit
in schweren Stunden. Und den Mut,
sich ganz zu geben, ohne zu fragen, was wird.
Ein Mensch, der hört, wovon dein Schweigen spricht,
und Angst besiegt durch Zuversicht, ist viel mehr wert als alle Schönheit dieser Welt.
Sehr viel mehr.
Während Frank Crawley sich wieder an den Schreibtisch setzt, wird es dunkel. Überleitungsmusik deutet das Vergehen einiger Wochen an. Verwandlung.
Szene 13 Halle von Manderley.
Die große Empfangshalle von Manderley wurde zum. festlichen Ballsaal umgestaltet. Nach und nach treffen die kostümierten Gäste ein. Frith begrüßt sie, Robert serviert Drinks, dies ist als Araber verkleidet, Beatrice als verschleierte Haremsdame. Frank Crawley kommt als Pirat, andere Gäste erscheinen als Harlekin, Alice im Wunderland, Hexe, Fee, Polizist und Schäferin. Oberst Julyan ist als Cäsar kostümiert. Nur Maxim ist formell gekleidet.
GAST 1: Ich freu' mich lang schon auf diesen Abend.
GAST 2: Nichts, wohin ich lieber geh.
GAST 1, 2, 3: Kein and'res Fest ist so lustig wie der Maskenball
von Manderley!
VIER GÄSTE: Das Renommiern geht ein andermal weiter.
Heut' darf jeder heiter ein Narr sein.
Man ist ja oft genug ernsthaft und bieder. Heut' dürfen wir wieder bizarr sein.
GAST 4 Das Fest Nummer Eins ist seit eh und je ...
ALLE GÄSTE: ... der Ball von Manderley.
OBERST JÜLYAN: Guten Abend, Maxim. Wo ist ihre reizende Frau?
MAXIM: O, die macht es heute sehr spannend. Sie will uns alle überraschen. BEATRICE: Auch mir hat sie nicht verraten, in welchem Kostüm sie erscheint.
MAXIM: Sie hat sich irgendetwas Fantastisches schneidern lassen; ich habe keine Ahnung. GAST 5: Sind Sie ein Scheich oder Maharadscha?
GlLES: Nein, ich wärm nur mein Toupet.
GAST 1, 2, 3 & GlLES: Einmal im Jahr blüht die Fantasie beim Maskenball
von Manderley.
GÄSTE GRUPPE 1: Das Imponiern lassen wir heut' mal bleiben.
Was wir reden und treiben, darf hohl sein.
GÄSTE GRUPPE 2: Und wenn es später wird, wagt man ein Küsschen.
Heut' darf man ein bisschen frivol sein.
ALLE GÄSTE: Man fährt statt nach Brighton und Saint Tropez zum Ball von Manderley.
Denn wer in Cornwall was ist und war, ist hier heut' Nacht,
denn eins ist klar:
Das Fest Nummer eins ist seit eh und je der Ball von Manderley.
Mrs. Van Hopper tritt auf. Sie stolpert Maxim in die Arme.
MAXIM: Guten Abend, Mrs. Van Hopper. Wie war Ihre Reise?
MRS. VAN HOPPER: Ach, fragen Sie nicht, Mr. de Winter. Ich bin immer noch seekrank.
MAXIM: Darf ich Ihnen einige meiner Gäste vorstellen?
MRS. VAN HOPPER: Ich bestehe darauf. Wer ist der stattliche Mann da drüben?
MAXIM: Oberst Julyan, der Chef der Bezirksverwaltung.
MRS. VAN HOPPER: Ist er ledig?
MAXIM: Verwitwet.
MRS. VAN HOPPER: Ah ... Dann ist das sein Glückstag heute!
Hat einer seine Frau begraben, muss er eine neue haben,
und keine könnte besser sein als ich.
Und wenn er auch Lord Manor war, mit Schloss und altem Butler,
selbst wenn der King sein Gönner war: Er findet nichts Bess'res als mich.
Denn seh'n Sie,
I’m an American Woman.
Ich weiss, was ich will, und will es gleich. Ich bin nicht diskret;
ich möchte, dass man mich versteht. Ausserdem bin ich reich.
Ich hab Swing im Rock und Cola in der Kehle, und in meiner Seele singt ein Gospelchor,
denn ich bin von Kopf bis Fuss amerikanisch.
Im alten England
neigt der Mann an sich zur Vertrottelung.
Ich halt ihn jung, blas' ihm den Marsch, bring ihn in Schwung!
Ich tret ihm in den Arsch! Denn seh'n sie,
I'm an American Woman.
Ich pfeif auf Geschmack, ich mag es schrill.
Ich bin eine Braut für einen Mann, der sich was traut
und tut, was ich will.
Ich kann Nüsse
mit den Händen knacken. Ich kann Cookies backen und gewinn beim Bridge. Ich kann weiter spucken, mehr verschlucken, lauter lachen.
Ich kann alles, ausser einen Fehler machen. Was ich träum, wird wahr, denn ich bin aus den USA.
Die Gäste applaudieren. Oberst Julyan reicht Mrs. Van Hopper ein Glas Champagner. Die Ballszene verschwindet, während die Musik zur folgenden Zwischenszene überleitet.
Verwandlung.
Szene 14 Ankleidezimmer.
"Ich " sitzt am Schminktisch. Im Verlauf der Szene verwandelt sie sich mit Hilfe von Ciarice in die Dame in Weiß aus dem Gemälde, das neben einem großen Spiegel an der Wand lehnt.
Beatrice steht vor der Tür zum Ankleidezimmer. Sie klopft. "Ich" weist Ciarice mit einer Geste an, nicht aufzumachen.
BEATRICE: Ich bin's. Beatrice. Brauchst du noch lang?
ICH: Bitte, Bee! Ich bin noch nicht so weit. Warte unten auf mich.
BEATRICE: Als was kommst du denn? Ich platze vor Neugier.
ICH (mit einem Kichern): Ha, platz nur. Niemand wird mich erkennen. Maxim kann sich auf den Schock seines Lebens gefasst machen.
BEATRICE: Sieh zu, dass du fertig wirst, Kleines. Die Gäste sind schon alle da. Beatrice geht ab. "Ich " steht vom Schminktisch auf und dreht sich vor dem Spiegel. ICH: Sternenstaub im Haar!
Märchen oder wahr?
Ich seh' mich an und kann's kaum glauben.
Diese Frau im Spiegel ...
Bin das wirklich ich?
Alle
werden nach mir seh'n. Geheimnisvoll und schön, werd' ich strahlend
in den Ballsaal geh'n. Seht nur - da kommt die Dame in Weiss!
Und ich schweb auf Musik,
und ich sehe mich in jedem Blick.
Es gibt keinen, der mich nicht bewundert, und nichts, was mich hält.
Ich bin so wie ich sein will, und tu, was mir gefällt.
Heut' Nacht
verzauber' ich die Welt. Heut' glaub ich,
dass mich jeder mag, ganz egal, was ich auch tu und sag'.
Dies ist mein Tag!
Ein Traum
wird heute wahr. Denn ich schweb auf Musik,
und ich sehe mich in jedem Blick.
Es gibt keinen, der mich nicht bewundert, und nichts, was mich hält.
Einmal im Leben
bin ich, wie's mir gefällt.
Heut' Nacht
verzauber' ich die Welt!
Ciarice! Versteck dich auf der Galerie und schau durchs Geländer, ob wirklich schon alle da sind. Ich will die Letzte sein. Sie sollen alle sehen, wie die Dame in Weiss die Treppen herunterkommt.
Ciarice schaut durchs Geländer und gibt "Ich" das Zeichen zu kommen. Verwandlung.
Szene 15
Halle von Manderley.
Die große Empfangshalle von Manderley von. der anderen Seite mit Blick auf den Treppenaufgang zur Galerie. Die Ballgäste im Gespräch wie zuvor. Trommelwirbel.
FRITH: Ladies and Gentlemen: Mrs. de Winter!
"Ich" erscheint auf dem obersten Absatz der Treppe, die in die Halle führt. Sie sieht genau aus wie die Dame in Weiß auf dem Gemälde. Der erwartete Applaus bleibt aus. Nur Mrs. Van
Hopper klatscht kurz in die Hände, hört aber damit auf als sie merkt, dass sie die einzige ist. Die Gäste starren auf "Ich" als wäre sie ein Gespenst. Sie stecken tuschelnd die Köpfe zusammen. "Ich" kommt die Treppe herunter.
MAXIM: Verflucht! Was zum Teufel soll das? Bist du verrückt geworden? Zieh' dich um!
ICH: Warum? Was ist denn?
BEATRICE (flüstert): Ihr Kostüm. Genau dasselbe trug Rebecca letztes Jahr. "Ich" bleibt stehen.
MAXIM: Verschwinde! Sofort!
Sie blickt Maxim verständnislos an. Ein Augenblick der Erstarrung. Die Gäste, mit dem Rücken zum Publikum, sind wie gelähmt. Mrs. Danvers tritt auf. Sie lächelt triumphierend.
MRS. DAN VERS: Rebecca, es geht nicht ohne dich.
Wenn tausend Lichter strahlen ...
SCHATTEN (gleichzeitig): Rebecca!
MRS. DANVERS: ... fehlst du mehr denn je.
Alle Gäste hier warten auf dich. Rebecca!
SCHATTEN (gleichzeitig): Rebecca!
MRS. DANVERS: Komm heim, Rebecca!
Aus dem Schattenreich
zurück nach Manderley.
SCHATTEN (gleichzeitig): zurück nach Manderley.
Sie dreht sich um. Ihr Blick weckt "Ich" aus der Erstarrung. "Ich " läuft die Treppe hinauf. Black-out.
Ende des ersten Aktes
Es wird LB123 gelyncht. Er war Werwolf Wolfgang.
Damit endet das Spiel und das Dorf gewinnt!