Nacht 3
Szene 9 Rebeccas Zimmer.
Mrs. Danvers hat einen Besucher in die ehemals von Rebecca bewohnten Räume im Westflügel von Manderley geführt. Die hohen Fenster gehen aufs Meer hinaus. Man hört das Rauschen der nahen Brandung. Jack Favell, der Besucher, ist ein sonnengebräunter, gutaussehender Mittdreißiger mit dem sicheren Aufire-ten eines Autoverkäufers und Frauenhelden. Es ist offensichtlich, dass er sich nicht zum erstenmal in Rebeccas Schlafzimmer befindet. Er scheint etwas zu suchen. Mrs. Danvers beobachtet ihn nervös.
MRS. DANVERS: Sie müssen fort, Favell! Man darf Sie hier nicht sehn.
JACK FAVELL: Nur keine Panik, Danny. Max ist doch in London,
das hast du selbst gesagt. Niemand sieht mich,
Es sei denn deine neue Madame spioniert uns nach.
MRS. DANVERS: Die stört uns nicht. Nicht hier. Sie weiss, dies ist Rebeccas Reich.
JACK FAVELL: WO ist das Kästchen mit dem Schmuck geblieben? Es hat doch immer hier gestanden.
MRS. DANVERS: Hände weg von Ihren Sachen!
JACK FAVELL: Sei nicht albern, Danny.
Rebecca liebte mich. Ich war doch ihr Lieblingscousin...
MRS. DANVERS: Sie war gewohnt, geliebt zu werden.
Die Männer waren verrückt nach ihr. Denn sie war mehr als schön,
von ihr ging ein Zauber aus.
Den Traum, von ihr geliebt zu werden, träumte fast jeder Mann. Und dabei wussten sie,
dass sie keiner haben kann.
JACK FAVELL: Doch ich bin ihr verwandt. Ich liebe sie genau wie du.
Wie du find' ich es gar nicht gut,
dass eine andre ihren Platz einnehmen will. Rebecca liebte mich.
Ich war doch ihr Lieblingscousin...
MRS. DANVERS: Sie war gewohnt, geliebt zu werden.
Die Männer waren verrückt nach ihr.
Denn sie war mehr als schön, von ihr ging ein Zauber aus.
Den Traum, von ihr geliebt zu werden, träumte fast jeder Mann. Und dabei wussten sie,
dass sie keiner haben kann.
JACK FAVELL (gleichzeitig): Niemand stand ihr näher.
Ich war viel mehr als ein Cousin.
Hilf mir suchen, Danny.
Ihren Schmuck und ihr Geld.
Mir würd' es helfen.
Das wäre in
ihrem Sinn, Danny.
Favell hört etwas.
JACK FAVELL: Psst, Danny! Still.... !
Die Musik stoppt. Jack Favell öffnet plötzlich die Tür. Davor steht "Ich". Pardon! Habe ich Sie erschreckt? Ich bitte um Entschuldigung.
Er fordert sie mit einer Geste auf ins Zimmer zu treten.
Alle deine Vorsichtsmaßnahmen waren umsonst, Danny! Die Hausherrin hat gelauscht.
ICH: Ich hörte Stimmen, Mrs. Danvers.
JACK FAVELL: Willst du mich nicht vorstellen?
MRS. DANVERS: Mr. Jack Favell, Madam. Mrs. de Winters Cousin.
ICH: Guten Tag. Bleiben Sie zum Tee?
JACK FAVELL: Ach, ist das nicht reizend?! Wirklich, Danny, ich habe große Lust, die Einladung anzunehmen.
Mrs. Danvers schüttelt missbilligend den Kopf.
JACK FAVELL: Na, vielleicht hast du recht. Ich will die kleine Frau nicht auf Abwege führen. Es ist wohl besser, ich empfehle mich. Adieu, Verehrteste.
ICH: Wie Sie meinen, Mr. Favell. Auf Wiedersehen.
Er macht eine übertriebene Verneigung und geht grinsend zur Tür. Dort dreht er sich noch einmal um.
JACK FAVELL: Was ich noch sagen wollte ... Es wäre nett von Ihnen, wenn Sie meine Stippvisite hier für sich behalten würden. Max ist nicht gerade ein Fan von mir, und wir wollen doch der guten armen Danny keine Schwierigkeiten machen, nicht wahr?
ICH: Nein. Natürlich, ist schon gut.
Unsicher sieht "Ich" sich in dem ihr fremden Zimmer um. Mrs. Danvers bemerkt, dass Sie ein Gemälde betrachtet, auf dem eine Dame in Weiß dargestellt ist.
MRS. DANVERS: Haben Sie sich schon entschieden, was Sie auf dem Kostümfest tragen werden?
ICH: Mhm ... nein. Noch nicht.
MRS. DANVERS: Hat Mr. de Winter keinen Wunsch geäußert? ICH:
O nein. Er überlässt alles mir.
MRS. DANVERS: Also, wenn ich Ihnen einen Vorschlag machen darf... Mrs. Danvers zeigt auf ein Gemälde.
Das Lieblingsgemälde Ihres Gatten.
ICH: Wirklich?
MRS. DANVERS: Caroline de Winter, eine Schwester von Mr. de Winters Urgroßvater.
ICH: Ja, das wäre eine Möglichkeit ...
MRS. DANVERS: Überraschen Sie ihn. Ich lasse das Bild auf ihr Zimmer bringen. Die Schneiderin soll es als Vorlage benutzen.
ICH: Vielen Dank, Mrs. Danvers. Das ist sehr nett von Ihnen. Wirklich. Es soll unser Geheimnis sein.
Zum ersten mal huscht ein Lächeln über Mrs. Danvers Gesicht.
MRS. DANVERS:Schön hier, nicht wahr? Sehen Sie sich ruhig um. Das Zimmer von Mrs. de Winter. Ein herrlicher Raum.
ICH: Ja. Sehr schön. Aber ein bisschen ... unheimlich.
MRS. DANVERS: Mr. de Winter hat den Westflügel nicht mehr betreten, seit seine Frau ertrunken ist.
Sie zieht den Vorhang auf und öffnet das Fenster. Das Rauschen der Brandung wird merklich lauter. Das Rauschen der Brandung. "Ich" lauscht. Mrs. Danvers kommt ihr näher.
Hören Sie das? Das Meer ruft ihren Namen ...
SCHATTEN (hinter der Bühne): Rebecca ...
Rebecca ...
Mrs. Danvers zeigt "Ich " Rebeccas Bett.
MRS. DANVERS: Das ist ihr Bett.
Und hier -
das ist ihr Nachthemd. Wunderschön, sehn Sie nur! Leicht wie ein Windhauch, so seidig,
ein schmeichelndes Nichts.
Und jede Faser
atmet noch heut' den Duft ihrer Haut.
Auch wenn sie hier nicht mehr schläft, auch wenn sie keiner sieht,
seit sie ging,
singt die Brandung ihr Lied:
Rebecca,
wo du auch immer bist, dein Herz ist ruhlos
wie die wilde, freie See. Wenn der Abend beginnt, singt der Wind:
Rebecca,
komm heim, Rebecca! Aus dem Nebelreich zurück nach Manderley.
SCHATTEN: Rebecca ... Rebecca ...
MRS. DANVERS: Ihr Haar war dicht und weich.
Ich kämmte es
genau wie's ihr gefiel.
Tag und Nacht sah sie wie
eine Königin aus.
Was sie auch machte, sie hatte Haltung, hatte Stil.
Manches hat sich verändert hier, seit sie ging letztes Jahr,
doch ihr Zauber ist immer
noch wahr.
MRS. DANVERS: Rebecca, wo du auch immer bist,
SCHATTEN (gleichzeitig): Rebecca!
MRS. DANVERS: dein Herz ist ruhlos wie die wilde, freie See.
Wenn der Abend beginnt, singt der Wind:
SCHATTEN (gleichzeitig): Wenn der Abend beginnt, singt der Wind!
MRS. DANVERS: Rebecca, komm heim, Rebecca!
SCHATTEN (gleichzeitig): Rebecca! Rebecca!
MRS. DANVERS: Aus dem Nebel reich zurück nach Manderley.
Blackout.
Dorfbewohner Doscho wird gefressen.